VETART in der Vinothek Steiermark!

Teil 1: Elisabeth Wagner und Heinz Strahl

Die Gesamtsteirische Vinothek bietet dem VETART-Kunstforum erstmals vom Saisonstart bis Mitte Juni 2022 eine Ausstellungsfläche, die in einer zweifachen Rotation monatlich neue Künstler:innen vorstellt. Die Präsentation von Kunst an einem Ort, wo sich der Wein präsentiert, wird zu einem Tempel des doppelten Genusses, der den „Weinbeißern“ unter uns Tierärzt:innen nicht unbekannt ist. Die Herstellung von Kunstwerken und alkoholischen Getränken sind uralte kulturelle Kompetenzen und eng mit der Entwicklung des Menschen verbunden. Es ist eine Parallelaktion zur Sichtbarmachung der Diversität von Wahrnehmung und Identität beider, macht Kräfte und Energien frei und vermisst den Kataster des guten Geschmacksinns von Gaumen und Geist.

Elisabeth Wagner kommt diesem Anspruch sehr nahe, wenn sie Motive aus dem alltäglichen Umgang mit Wein darstellt und das dazu passenden Instrumentarium realitätsnah in Szene setzt. Nicht fehlen dabei darf ein Abbild des römischen Gottes Bacchus, dem Gott des Weins, der über die Vinothek als auch über der harten Arbeit der Weinbauern wacht.  Klapotetz, Traubi und Soda sind dabei ihre Referenzpunkte zur Region, an die sie über die reiche Bestückung mit den Produkten daraus anknüpft. In ihren abstrakten Bildern werden sogar individuelle realistische Motive dann sichtbar, wenn sich der beiderseitige Genuss nach einigen Stunden synästhetisch verstärkt. Nach einem zu intensiven Abend könnte sich als Nebenwirkung evtl. ein Katzenjammer zu nächtlicher Stunde einstellen.

Heinz Strahl, vielfach ausstellender Hendlmaler, stellt hier zusätzlich erstmals auch zwei gut passende, großformatige Schweinebilder aus, die dem Entree als Blickfang dienen. Denn gleich hinter der Genusskulisse des Weins steht als steirische Identität die berühmte „Brettljause“ mit dem Fleisch von Schweinen und den Eiern von Hühnern. Dazu hat er im angebauten Besprechungsraum der Vinothek einen Stall voller menschlich deutungsvoller Tier-Bilder eingerichtet. Diese sollten bei den Betrachter:innen in typisch humorvoller Art ein Gefühl der Melancholie auslösen, vor allem mit einem guten Glas Wein in der Hand. Darunter befinden sich auch der Karo-Bube Hahn als Hinweis auf die weinselige Zeit bei einem Kartenspiel oder der Almrausch als Blumen auf der Alm bzw. der Hahn mit dem Wanderhut, der nach einer Wanderung auch einen „Almrausch“ hat.

Umrahmt wurde die Vernissage von unserem Mitglied und Tenor Erich Leitgeb, der am e-Piano von Anton Bashynskyi aus der Ukraine professionell begleitet wurde.

Dass Wein ein alkoholisches Getränk ist, wurde schon im vorigen Beitrag im März erwähnt. Das VETART-Kunstforum hat deshalb aus seiner besonderen medizinischen Verantwortung einen zusätzlichen Aufkleber am eigens dafür kreierten Vernissagen-Wein angebracht, um von späteren Haftungsansprüchen ausgenommen zu werden:

Zum Preis der Weine wäre anzumerken, dass guter Wein nicht teuer ist, solange man sich den Diesel zur Fahrt in die Vinothek noch leisten kann!

Elisabeth Wagner und Heinz Strahl stellen bis zum 10. April ihre Werke aus. Ab 12.4. werden sie von Christine Gallauner und Peter Wagner abgelöst deren Werke bis 15.5. besichtigt werden können, danach stellt Albert Masser aus. Werke unseres verstorbenen Kollegen Helmut Hotter werden zugunsten des Vereins der kleinen Wildtiere in großer Not ausgestellt und zum Verkauf angeboten. Näheres unter: www.gesamtsteirische-vinothek.at

 

Teil 2: Christine Gallauner und Peter Wagner

Am 12. April erfolgte in der Gesamtsteirischen Vinothek die erste Rotation der ausstellenden Künstler:innen.

Christine Gallauner ist zum Malen durch eine Freundin gekommen, die die Ausbildung zur Maltherapeutin gemacht hat und für ihren Abschluss noch "zu Therapierende" gebraucht hat. Bei dieser Gelegenheit hat sie bemerkt, wie sehr es ihr Freude macht, mit Farben zu arbeiten und Bilder zu malen. Bis dahin habt sie sich hauptsächlich mit Fotographie beschäftigt. Seit 2009 trifft sich eine Gruppe in ihrem Atelier regelmäßig zum Malen und so sind inzwischen einige Bilder entstanden.

In St. Anna zeigt sie uns Werke in Öl- und Acrylmalerei, die sich auf Menschen und Landschaften beziehen und mit verschiedenen Techniken spielen. Zuletzt fand sie zur Ölmalerei, die ihr im Moment am besten gefällt und die Themen sind vielfältig.

 

Der Landesveterinärdirektor der Steiermark, Dr. Peter Wagner, hat für die aktuelle VETART-Ausstellung tief in seinem umfangreichen Archiv digitaler Fotografien gegraben und zahlreiche Bilder zu Tage gefördert, die sich in unterschiedlicher Weise mit dem Thema „Wein“ auseinandersetzen. Als Motive der hauptsächlich in der Südsteiermark, aber auch in der Wachau und im Friaul entstandenen Werke dienen nicht nur Weingärten, Weinblätter und Winzerhäuser sondern auch Fässer und Gläser sowie als Decken- oder Wanddekoration umfunktionierte Weinflaschen. Alle Fotos wurden mittels digitaler Bildbearbeitung „solarisiert“, d.h. in ihrer Farbgebung manipuliert, um die gesteigerte Sinneswahrnehmung und Euphorie bei intensivem Weingenuss zu symbolisieren. Wie bei dem Bild mit dem Titel „Farbrausch“ sind die Naturaufnahmen gekennzeichnet durch eine Palette kräftiger Farben während die ganz in grün getauchte Darstellung eines mit riesigen Stahlfässern ausgestatteten Weinkellers mit dem Titel „Fortschritt“ sich ironisch mit der Idealisierung der Biowein-Produktion auseinandersetzt. Die in schwarz/weiß gehaltenen und direkt neben den wohlgefüllten Weinregalen der Vinothek platzierten Detailaufnahmen von Weinflaschen und –gläsern stellen einen gelungenen graphischen Kontrapunkt zu den farbenfrohen anderen Werken dar. Generell wirken die Bilder durch die erfolgte Bearbeitung und dem bei kleineren Formaten auf Büttenpapier erfolgten Tintenstrahlausdruck eher gemalt als fotografiert. Dies ist nach Auskunft des Künstlers durchaus gewollt und hinterlässt beim Betrachtenden einen nachhaltigen Eindruck.

 

Teil 3: Albert Masser und verst. Helmut Hotter

Im dritten und letzten Teil der Ausstellungs-Trilogie in der Gesamtsteirischen Vinothek sind bis zum 25.6.2022 zwei besondere Künstler vertreten:

Albert Masser entwickelte durch viel Hingabe seiner Mutter und seiner Betreuerin bereits sehr früh seine Talente in Zeichnen und Malen. In seinen Werken verschwimmt die Realität mit dem Abstrakten zu einem eigenen Stil, der uns eine einzigartige Interpretation seiner Motive gibt. Diese handeln von Tieren, Tiergruppen und Maschinen. Die Hängung von „Die Füchsin“ und „Wolf“ erfolgte im Tiefparterre – dem dazu umgewidmeten Fuchsbau – mitten im Raum für Weinpräsentationen, wie auch die kolorierte Zeichnung „Weingartentraktor“ sich gut der Nähe des Weins anpasst. Dazu kontrastierend hängen die Druck-Zeichnungen „Menschen“, „Hirschrudel“ und „Wildgänse“ auf der hohen Ganggalerie und versuchen, die interessierten Betrachter:innen dort hinauf zu führen. Masser abstrahiert durch seine reduktionistische Arbeitsweise die dargestellten anonymen Massen zu Ausschnitten grenzenloser Schwarmbilder.  

Helmut Hotter ist leider vor zwei Jahren verstorben, sein künstlerischer Nachlass wurde von den Angehörigen dem Verein „Kleine Wildtiere in großer Not“ in Graz übergeben. Dies hat das VETART-Kunstforum in der Ausstellung aufgegriffen, um einerseits Helmut Hotter mit einer posthumen Personale zu ehren und andererseits dem Verein zu helfen, Spendengelder aus dem Werkverkauf für einen guten Zweck zu lukrieren. Hotter zeigt uns hier mehrere unterschiedliche Zugänge zu seinem Kunstschaffen, das er sehr introvertiert lebte:

    -  Im typischen Stil des abstrakten Expressionismus von Jackson Pollock zeigen wir seine großformatigen und schweren Ölbilder in typisch bunter Linien-Struktur gegossener und getropfter Farben. Die überwiegend dunklen Farbmischungen machen den Sitzungsraum zu einem seelisch depressiven Höllenerlebnis, das man auch mit den seinerzeitigen vulkanischen Eruptionen der Region in Verbindung bringen kann. Bei gleichzeitigem Genuss einer guten Flasche Wein lässt sich in der Vinothek diese evtl. emotional belastende Situation leichter ertragen, die man als Besucher an diesem Ort nicht erwarten würde.

-  Ein Blickfang ist das Bild frei nach Oskar Kokoschkas „Die Windsbraut“, das zwar etwas weniger ausdifferenziert nachgebildet ist, aber aufgrund seines naheliegenden Bezugs zum Original bereits verkauft werden konnte    - Weiters hat er gemalte geometrische Formen zueinander jeweils in enge Beziehungen gesetzt und sie in Zyklen von mehreren Bildern zu einem Werk gerahmt. 

- Daneben beschäftigte sich Hotter kreativ mit Regenrinnen und Fallrohren, die eng mit Wasser und Wasserverbrauch – hier in einer pannonischen Randlage – verortet sind. Er formte sie zu hohen Kupfer-Skulpturen, die vor dem Eingang zur Vinothek im Freien positioniert sind, wobei ihm ein wuchtiger Marmor-Sockel besonders wichtig erschien.

 

Helmut Hotter bewegte sich damit in den letzten Jahrzehnten in seiner eigenen Welt, die bisher unbeschaut war, daher ist es eigentlich eine „Werkunschau“ (n. Peter Weibel): Jetzt, wo wir die Werke sehen, wissen wir nicht genau, was wir sehen. Aber wenn wir uns im Ausstellungsraum umschauen, wiederholen wir genau das, was Hotter mit seiner Kunst macht und leistet: eine Neuan-schauung der Funktion von Kunst an diesem exponierten Ort der Welt und der Kunst in diesem Raum.

Insgesamt kann resümiert werden, dass es uns nach der intensiven Pandemiezeit gelungen ist, eine Ausstellungstrilogie zu konzipieren, die abwechslungsreich an einem Platz stattfinden konnte, der den Weinbau ins Zentrum stellt. Die Künstler:innen haben sich dazu seinem speziellen Kontext angenähert und so für eine abwechslungsreiche Kunstpräsentation und niederschwellige Kunstvermittlung gesorgt, die ohne der guten und offenen Zusammenarbeit mit der Vinothek nicht möglich gewesen wäre.

Die Finissage wird am Samstag, 25.Juni, ab 15 Uhr, in den Räumlichkeiten der Vinothek und der Ausstellung stattfinden. Sie wird von Musik (und Wein!) begleitet werden, zu der Sie sehr herzlich eingeladen sind!

KB

 

 

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